Kein Platz für das Bündnis gegen Antisemitismus? Offener Brief an Wolfgang Esch

Im folgenden dokumentieren wir unseren offenen Brief an Wolfgang Esch, Leiter des Internationalen Zentrums der VHS. Das Schreiben ging in dieser Form auch an die Lokalpolitik und -Presse und wurde zuerst auf dem Blog Ruhrbarone veröffentlicht.

UPDATE 28.8. Als Reaktion auf diesen offenen Brief hat die Leitung der VHS einen Raumnutzungsvertrag mit uns abgeschlossen, so dass die Veranstaltung nun doch im IZ stattfinden kann.

Sehr geehrter Herr Esch,

in ihrer Funktion als Leiter des Internationalen Zentrums der VHS Duisburg baten wir Sie im Juni telefonisch um die Vermittlung eines Veranstaltungsraumes für eine von uns geplante Diskussionsveranstaltung im Oktober. Zu unserer Freude sagten sie spontan einen Raum zu, baten lediglich um „einige erklärende Sätze via E-Mail“. In unserer Mail vom neunten Juni informierten wir sie dementsprechend über den geplanten Charakter unserer Veranstaltung: Auf Impulsvorträge der Referenten aus den Bereichen Wissenschaft und Publizistik soll ein Podium zum Thema Antisemitismus und Israelfeindschaft folgen. Das ist auch das Schwerpunkthema der diesjährigen Aktionswochen gegen Antisemitismus, in deren Rahmen unsere Veranstaltung stattfinden wird. Diese Aktionswochen rund um den 9. November sind seit 2003 die bundesweit größte Kampagne gegen Antisemitismus und werden von der Amadeu Antonio Stiftung getragen und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Ihre Antwort auf unser Schreiben war überraschend: Da wir „nichts über das Thema“ der Veranstaltung geschrieben hätten, könnten sie „nicht prüfen, ob es sich um ein Thema des internationalen oder interkulturellen Bereichs mit einem Bezug zu Duisburg handelt“, und „nur dafür“ könnten sie „einen Raum für ein öffentliche Veranstaltung zur Verfügung stellen“. Außerdem bezweifelten sie, das wir uns „zu Recht“ auf die Universität berufen würden und kündigten an, sich sowohl beim Rektorat der Uni, als auch bei der Amadeu Antonio Stiftung über uns erkundigen zu wollen. Ein Raum könne uns nun doch nicht zur Verfügung gestellt werden.

Diese Reaktion auf unsere Raumanfrage hat uns, offen gesagt, sehr gewundert. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie denn Antisemitismus kein „Thema des internationalen oder interkulturellen Bereichs“ sein kann. Und dass „Israelfeindschaft“ durchaus ein Thema mit Bezug zu Duisburg ist, weiss man ja nicht erst seit dem jüngsten Skandal um den Duisburger Kreisverband der Partei Die Linke in ganz Deutschland und darüber hinaus. Auch Hermann Dierkes sieht das so, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Lokalpolitiker seit Jahren fast ausschließlich mit Israelfeindschaft und Antisemitismus befasst. Und als Dierkes 2010 sein Buch, natürlich zum Thema Israel, in den Räumen des Internationalen Zentrums promoten durfte, hatten sie offenbar keine Bedenken, dass es sich bei dem Event nicht um ein „Thema des interkulturellen Bereichs“ handeln könnte. Regelmäßige Treffen des „Duisburger Netzwerk gegen Rechts“, dem auch der islamistische, vom Verfassungsschutz beobachtete Verein „HDR“ angehört, dürfen im Zentrum selbstredend ebenfalls stattfinden. Auch an einer öffentlichen Veranstaltung der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Duisburg“ im Jahr 2006 scheint sich niemand gestört zu haben. Und als es am 15. Juli 2011 schließlich hieß „Wer hat Angst vorm Kopftuchmädchen? Veranstaltung zu Islamfeindlichkeit“, bestritt niemand, dass an diesem Abend der interkulturellen Bildung genüge getan worden war.

Nach ihrer Absage gehen wir daher davon aus, dass sie eine Veranstaltung zum Thema Antisemitismus in den Räumen des IZ schlicht nicht wünschen, obwohl – und das nehmen wir zu ihren Gunsten an – sie durchaus in der Lage sind, den interkulturellen Charakter des Themas zu erkennen, und das somit ihre persönliche, höchst bedenkliche politische Ideologie der Raumvergabe im Internationalen Zentrum der Volkshochschule Duisburg zu Grunde liegt. Den traurigen Höhepunkt bildete dann ihr Schreiben vom 12. Juli, in dem sie uns mitteilten, eine Zusage könne onehin nur dann erfolgen, wenn wir einen bestimmten Artikel von unserem Blog löschen würden. Spätestens an dieser Stelle ist für uns nicht mehr erkennbar, ob sie als Fachbereichsleiter für interkulturelle und politische Bildung geeignet sind einen öffentlichen Raum wie das Internationale Zentrum zu gestalten.

Der Stadt Duisburg stehen sie nicht gut zu Gesicht. Dieser Stadt sollte es ein Anliegen sein, im Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus nach Kräften mitzuwirken, spätestens seit dass internationale Image Duisburgs vorwiegend von Polizisten geprägt ist, die, angefeuert vom johlenden antisemitischen Mob, die Türen von vermeintlich von Juden bewohnten Wohnungen eintreten, um Fahnen des Staates Israel herunter zu reißen.

Hochachtungvoll,

Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg im August 2011.

PS: Natürlich sind Sie, Herr Esch, ebenso wie alle Mitlesenden herzlich zu unserer Veranstaltung am Mittwoch, den 5. Oktober 2011 eingeladen. Thema: „Das Problem heißt Antisemitismus. Duisburg, die Linke und die Israelkritik“. Aus bekanntem Grunde kann der genaue Ort noch nicht bekannt gegeben werden.


7 Gedanken zu „Kein Platz für das Bündnis gegen Antisemitismus? Offener Brief an Wolfgang Esch

  1. Pingback: Veranstaltung: Das Problem heißt Antisemitismus. Duisburg, die Linke und die „Israelkritik“. «

  2. Pingback: Der nächste Skandal um Antisemitismus in Duisburg | Clarification of Fact

  3. martinformhh Autor

    Der Mailverkehr wird im offenen Brief mehrfach wörtlich zitiert. Der gesamte Mailverkehr liegt mehreren Pressevertretern – etwa der NRZ Duisburg und dem WDR – vor.

    Antwort
  4. martinformhh Autor

    Lieber Berthold, auf den längeren von anderer Stelle kopierten inhaltlichen Teil kann und will ich nicht eingehen. Das Du bisher nichts von uns und/oder unseren bisherigen Veranstaltungen mitbekommen hast ist natürlich schade. Plakate und Flyer hängen seit Wochen in ausgewählten Lokalitäten im Ruhrgebiet aus, natürlich nicht nur in Unis, wenn Du selbst welche verteilen willst dann drucke doch einfach den Ankündigungstext aus. Gruß!

    Antwort
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